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Une Jeunesse Allemande – Eine deutsche Jugend

Originaltitel: Une Jeunesse Allemande / Frankreich, Schweiz, Deutschland 2015 / Dokumentarfilm / 93 Minuten / Regie: Jean-Gabriel Périot / ab 12 Jahren freigegeben

Regiekommentar

»„Une Jeunesse Allemande“ erzählt die Geschichte der RAF in Bildern und zugleich als eine Geschichte der Bilder. In meiner Recherche über die RAF habe ich über tausend Stunden Archivmaterial gesichtet. Mit meinem Film hole ich diese Bilder aus der Vergangenheit in unsere Gegenwart und organisiere sie neu zu einer subjektiven Montage. Dabei interessiert mich das, was über die offensichtliche Botschaft der Bilder und Töne hinausgeht. Die Widersprüche und die besondere Präsenz des Materials – wie es mich bewegt und verstört: das Timbre einer Stimme, ein Ausschnitt aus einem Studentenfilm voll Hoffnung und Elan, das Scheitern eines persönlichen Lebensweges, die Kälte einer blutbefleckten Realität oder die Stille von Trauer.

Indem ich ausschließlich Material nutze, das die „Protagonisten“ selbst geschaffen haben oder das sie zeigt, umgehe ich auch ihre Psychologisierung, den Versuch, ihr Handeln zu erklären. Denn solche Analysen setzen zumeist eine mögliche Perspektive als absolut. So gibt es beispielsweise verschiedenste Interpretationen, warum Ulrike Meinhof zur RAF-Aktivistin wurde: Sie hatte eine Gehirn-OP, sie war depressiv, sie war von Andreas Baader angezogen usw. All diese Interpretationen können richtig oder falsch sein und bleiben dennoch immer unvollständig und maskieren, dass ihre Wahl der Gewalt letztlich unbegreiflich bleibt. Sie hat es einfach getan.

Dass ich auch den Mitgliedern der RAF durch ihre Kommentare, Reportagen und Filme eine Stimme gebe, schreibt zwar weder die Geschichte neu, noch sollen so die begangenen Verbrechen entschuldigt werden. Mein Anliegen ist es vielmehr, die Tür zu einer vollständigeren Diskussion zu öffnen über das Wesen der Taten und unserer eigenen Menschlichkeit. Dem Publikum begegnet in den „Echos“ der Vergangenheit ein Stück Geschichte, das die BRD wesentlich geprägt hat und das bis heute essentielle Fragen aufwirft: Wie ist es möglich, Gewalt zu vermeiden und zu verweigern? Wie ist es weiter möglich an Kultur und Kunst zu glauben als Weg, der Einseitigkeit und Radikalisierung zu entkommen? Fragen, die immer noch die unseren sind.«

Jean-Gabriel Périot